Verlagsgeschichte

Gründung in der Stunde null

Drei Monate nach der bedingungslosen Kapitulation Nazideutschlands gründeten die in der kommunistischen Partei besonders kulturpolitisch engagierten Heinz Willmann und Klaus Gysi gemeinsam mit den Berliner Verlagsprofis Otto Schiele und Kurt Wilhelm am 16. August 1945 einen der ersten Verlage der Nachkriegszeit. Dessen Name war als Programm zu lesen, als Aufruf und Hoffnung: Aufbau. Spiritus Rector war der Dichter und Kulturfunktionär Johannes R. Becher, Präsident des Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands.

„Alle großen Wiedergeburtszeiten der Menschheit standen im Zeichen der Dichtung, wurden von Dichtung vorangekündigt, von Dichtung begleitet, von Dichtung gedeutet.“ Johannes R. Becher

Das schnell wachsende Verlagsteam bezog sein Domizil in der Französischen Straße 32, wo es sich an ein fulminantes Auftaktprogramm machte: Aufbau druckte im ersten Jahr seines Bestehens anderthalb Millionen Bücher von über fünfzig Autor:innen. Diese publizistische Wucht blieb in allen vier Besatzungszonen unübertroffen. Neben dem humanistischen Erbe, hochwertigen Übersetzungen von Literatur aus aller Welt und den neuen deutschsprachigen Stimmen im Land versammelte Aufbau die emigrierten Schriftsteller:innen, von denen etliche dem Ruf des Kulturbunds, nach Ost-Berlin zurückzukehren, gefolgt waren.

„So hat auch uns, in welche Länder wir auch verschlagen wurden, die deutsche Sprache Trost und Hilfe gegeben. Ich hoffe jetzt nach meiner Rückkehr mit dieser Sprache ein neues Lebensgefühl, ein neues Freiheitsgefühl im Menschen anzufachen.“ Anna Seghers

Schnell avancierte Aufbau zum größten belletristischen Verlag der werdenden DDR. Trotz eigener bewegter Geschichte blieb er seinen Gründungssäulen auch in Wandel und Erneuerung treu und baute sein Programm sukzessive aus. 1991, als im Zuge des Beitritts der neuen Bundesländer ostdeutsche Staatsbetriebe privatisiert wurden, kaufte der Frankfurter Immobilienunternehmer Bernd F. Lunkewitz Aufbau und zugleich den Verlag Rütten & Loening.

Den neuen Marktgegebenheiten wurde durch die Gründung eines Taschenbuchverlages Rechnung getragen, das Programm in der Folgezeit neu strukturiert: Aufbau blieb das profilgebende Flaggschiff für hochwertige zeitgenössische und klassische Literatur, erweiterte sein Programm zudem um ein anspruchsvolles Sachbuchprogramm. Rütten & Loening wurde zur publizistischen Heimat für gehobene Unterhaltungsliteratur.

Neue Promenade

Nach der Privatisierung: Verlagssitz an der Neuen Promenade

Während dieses Prozesses war es allerdings zu einem einschneidenden Wechsel gekommen: In der Folge von gerichtlichen Auseinandersetzungen von Bernd F. Lunkewitz mit der Treuhand über die Eigentums- und Rechtsverhältnisse musste der Verlag 2008 Insolvenz anmelden. Mit der Familie Koch konnten neue Eigentümer gefunden werden, die nicht nur das Überleben, sondern auch die Eigenständigkeit des Verlages sicherten.

Blick in die Zukunft

Aufbau Haus Außenansicht

Verlagssitz heute: Aufbau Haus am Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg

Heute ist Aufbau eines der letzten unabhängigen Häuser in der gesamtdeutschen Verlagslandschaft. 2011 wurde das neue Aufbau Haus am Berliner Moritzplatz eingeweiht, ein modernes Kreativzentrum, in dem u. a. der Architektur- und Künstlerbedarfshändler Modulor, die gemeinnützige Stiftung Kai Dikhas zur Förderung der Kunst und Kultur der Sinti und Roma sowie das Theater Aufbau Kreuzberg (TAK) angesiedelt sind. Außerdem ist es Sitz aller Verlage, die neben den Marken Aufbau, Aufbau Taschenbuch und Rütten & Loening heute zu der Aufbau Verlage GmbH & Co. KG gehören: Blumenbar, Edition Braus, Die Andere Bibliothek und der Ch. Links Verlag. Aufbau-E-Books und -Hörbücher erreichen inzwischen einen hohen Umsatzanteil. Die Eigentümerfamilie Koch hat das mittlerweile auch wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen mehrheitlich in die gemeinnützige „Stiftung Kommunikationsaufbau“ eingebracht, so dass seine Unabhängigkeit auch für die Zukunft sichergestellt ist.