»Die schönste Buchreihe der Welt«
BUCHGESTALTUNG: Manja Hellpap
FOTO: BANK™
»Die schönste Buchreihe der Welt« (DIE ZEIT)
Monat für Monat setzen die besten Buchgestalter aus dem deutschsprachigen Raum ihren ästhetischen Akzent – eine einmalige Verbindung von intellektuellem und visuellem Vergnügen. Individuelle Gestaltung, passend zum Inhalt. Feinste Materialien und Einbandbezüge; hochwertiges holzfreies Papier; Fadenheftung und Lesebändchen; goldgeprägte Rückenschilder: All das macht jeden neuen Band der ANDEREN BIBLIOTHEK zu einer Feier der Buchkunst. Die monatlich erscheinenden Originalausgaben, auf 3333 Exemplare limitiert und nummeriert, sind bibliophile Sammlerstücke. Hier berichten Buchgestalterinnen und -gestalter von ihrer Arbeit für die ANDERE BIBLIOTHEK:
Band 477
Paul Fretter, Illustrator: Es ist nicht allzu leicht, 111 Actionszenen der Weltliteratur, die sich über einen Zeitraum von 500 Jahren ereigneten, zu illustrieren. Die Zeichnungen sollten zweifarbig gehalten werden, was mich auf die Idee brachte, mich an Holz- und Eisenradierungen zu orientieren. Als Zeichenvorlagen legte ich Fotocollagen an, teilweise mithilfe einer Bildgenerierungs-KI.
Durch schwarze Schraffur auf gelbem Grund, gedruckt in knalliger Sonderfarbe, haben die 11 Illustrationen einen sowohl traditionellen als auch modernen Touch.
Beginnend mit einem eindrucksstarken Duell bei prasselndem Regen in den Wäldern vor Paris bis hin zu einer gewaltigen, lebhaften Seeschlacht vor der Küste der heutigen Türkei ließen sich die Actionszenen, jede auf ihre eigene Weise, mit Leben füllen.
Manja Hellpap, Gestalterin: Die Zutaten standen bereit: 111 große Namen der Literaturgeschichte, 11 kraftvolle Illustrationen für ausgewählte Kapiteleingänge, ein strahlendes Neongelb als Auszeichnungsfarbe. Um der »Action« im Titel gerecht zu werden, wurde sie mithilfe verschiedener Schnitte der plakativen »Acumin Pro ExtraCondensed« ins Typographische übersetzt und die entstandene Rhythmik auf die Kapiteleingänge übertragen. Die einleitenden Texte in der »SoleilExtraBold« schlugen die Brücke zu den einzelnen Szenen, gesetzt in der »MillerText«, die als Editorial- und Zeitungsschrift auf die Herkunft der Geschichten, die Serie in der »Literarischen Welt«, verweist.
Für zusätzliche Dynamik sorgen die neongelben Störer und kleinen Flächen, die sich durchs gesamte Buch ziehen und als Lichtreflex-Spur zur durchgehenden visuellen Klammer werden. Die Vielseitigkeit der beschriebenen Szenen spiegelt sich in der Farbigkeit der Schlaufe, die auf Einband und Vorsatz beibehalten wird und so zum Buchblock überleitet.
Band 444
Buchgestaltung: Designbüro Lübbeke Naumann Thoben
Für diese üppige Sammlung mit weihnachtlichen Geschichten, Reimen, Legenden und Liedtexten sollte eine visuelle Gestalt gefunden werden, die auch für nicht-christliche Inhalte funktioniert.
Der Stern als universelles Symbol vereint diese ganz unterschiedlichen Texte. Der filigran gezackte Stern verleiht dem Cover in seiner Strahlkraft etwas Großes und Feierliches, das durch die Sonderfarbe Gold noch verstärkt wird. Durch den kleinen optischen Trick der Verdopplung bzw. des Versetzens und des dadurch entstehenden Moiré-Effekts wird seine Aura irritiert. Es entstehen ovale Lichtkränze, die den Stern zum Leuchten bringen.
Dieses Prinzip wird auf den Aufmacherseiten im Innenteil fortgeführt. Durch den unterschiedlichen Versatz ergeben sich immer wieder neue Lichtkränze. Der aufwendige 6-farbige Druck mit zwei Schmuckfarben ermöglichte, mit der Typographie in Gold und Blau zu spielen. Jede Seite ist individuell gestaltet und reich geschmückt mit verschiedensten Illustrationen oder Vignetten, die aus dem Lesebuch auch ein wunderschönes Bilderbuch machen.
Band 471
Buchgestaltung: actu&tactu
Für das Buch der eigensinnigen und unabhängigen Denkerin Edith Anderson haben wir eine eindrucksvolle Fotografie gewählt, die das Herzstück des Coverdesigns bildet: Eine Frau im Arbeitsoverall sitzt vor einer Dampflok. Die Körnung, mit der das Foto versehen wurde, imitiert alte analoge Fotografien und fängt so die historische Atmosphäre ein. Das behauene Umschlagpapier, orangene Rauchschwaden, eingerußte Kapitelzahlen und die Titelanordnung, welche an ein Schienennetz erinnert, vervollständigen die rohe Ästhetik des Zeitalters der industriellen Revolution. Diese Bildsprache wird durch klare, dynamische Typographien und eine violett-pinke Farbwelt ergänzt, die sowohl pastellige als auch knallige Töne integriert, und so den Bezug zu zeitgenössischen feministischen Büchern herstellt.
Band 468
Buchgestaltung: Christine Grundelach
Die Naturverbundenheit Willa Cathers und ihre feine Beobachtungsgabe für Zwischenmenschliches haben mich von Anfang an fasziniert. Zunächst dachte ich daran, ein naturromantisches Präriebild mit weitem Himmel, Fluss, Kletterfelsen und einer schützenden Holzhütte als Coverbild zu gestalten, das als Schauplatz für Cathers Figuren hätte dienen können. Doch die in Deutschland noch wenig bekannte Autorin schimmert durch alle Geschichten hindurch, sodass wir uns am Ende für ein Porträtbild entschieden haben: Willa Cather mit elegantem Puschelhut, pelzbesetztem Mantel und nachdenklichem, fast schon in sich gekehrtem Blick.
Wenn Willa heute einen Erzählband veröffentlichen würde, so meine Vorstellung, würde sie sich vielleicht für ihre Lieblingsfarben entscheiden – frische und leuchtende Töne. Um aufzufallen, was ihr zu Lebzeiten nicht immer möglich war. Um ihre Erzählungen sanft und stimmungsvoll einzubetten, habe ich für den Einband und die Trennerseiten Muster generiert, die Naturtexturen wie Fell, Zellen oder Gestein aufgreifen.
Als Schrift dient Coco Gothic Alternate, entworfen von Cosimo Lorenzo Pancini, inspiriert durch eine Biographie über Coco Chanel: modernistische, elegante Formen mit abgerundeten Ecken und einigen alternativen Glyphen, die manchmal etwas unangepasst wirken und, sparsam eingesetzt, den gewissen Reiz ausmachen.
Band 470
Buchgestaltung: Martin Müller, Dicey Studios, Berlin.
Die Erzählungen in diesem Band laden geradezu dazu ein, sie visuell begleiten zu wollen: die Andeutungen, Auslassungen, Ambivalenzen, stellenweise gepaart mit Krassheit und Drastik. Die Illustration im Titelbild versucht die im Buch anklingende »Zerbrechlichkeit der männlichen Seele« zu fassen. Sie zeigt Fragmente verschiedenster Charaktere, vereint zu einem lückenhaften, fragilen Porträt. Die einzelnen Segmente liegen wie auf einem Seziertisch zusammengeschoben, ähnlich einem ungelösten und womöglich unlösbaren Puzzle. Im Innenteil tauchen die klar konturierten Einzelteile als dunkle, vereinzelte, den Text verdrängende – oder sich ihm anschmiegende – Felder in abstrahierter Form immer wieder auf.
Band 465
Buchgestaltung: Studio HanLi
Obwohl die beiden Neuauflagen von Mohamed Choukri in separaten Reihen erschienen sind, »Zeit der Fehler« als Originalausgabe (Band 465) und »Das nackte Brot« als Extradruck (erschienen als Band 023), sollten sie als erkennbares Duo gleichzeitig produziert und veröffentlicht werden. Bei der Gestaltung der Umschläge wurde mit archivarischen Fotografien gearbeitet, die entsprechend dem Farbkonzept der beiden Bände im Duoton-Stil eingefärbt sind. Die Schrift des Titels und der Kapitelüberschriften greift das für Marokko, dem Herkunftsland des Autors, typische Kunsthandwerk der Mosaikfliesen auf. Das Motiv der Mosaiksteine wird auf dem Einband bzw. dem Vorsatzpapier fortgeführt. Für die Lesetypographie wurde die Schrift HAL Colant Text von HAL Typefaces gewählt, eine moderne Serifenschrift des »Scotch«-Genres.
Band 464
Buchgestaltung: Hanna Zeckau
Das Aquarell des Schlosshotels in den Schweizer Bergen und die Typo auf der Schlaufe muten wie Reiseplakate aus einer mondänen, vergangenen Welt an. Letzte Sonnenstrahlen scheinen auf das im Abenddämmer liegende Luxushotel, das finaler Schauplatz des Schelmenromans ist. Im Kontrast zum Aquarell sind die Sonnenstrahlen als Vektorgraphik und mit einer Gold-Sonderfarbe gedruckt.
Wenn man das Buch aus der Schlaufe zieht, sieht man, ebenfalls aquarelliert und auf den Einband gedruckt, einzelne erleuchtete Fenster mit Silhouetten, die manch abgründige Geschehnisse im Roman bereits erahnen lassen.
Den Innenteil durchziehen die Sonnenstrahlen und das Abendrot des Himmels als gestalterisches Element. Vor- und Nachsatz ziert eine mit Gold-Sonderfarbe gedruckte Sonne auf einem aquarellierten Rosaton. Auch auf den vollflächig in diesem Ton bedruckten linken Seiten der Kapitelanfänge sind weiß ausgesparte Sonnenstrahlen zu sehen. Sie wandern vom Sonnenaufgang in Kapitel 1 bis zum Zenit in Kapitel 3 und Sonnenuntergang in Kapitel 5, was als Symbol für Aufstieg und Niedergang des Protagonisten gelesen werden kann.
Band 466
Auf der Longlist der Stiftung Buchkunst: Die Schönsten Bücher 2024
Buchgestaltung: Manja Hellpap, Berlin
Ein Buch übers Deutschsein gestalten, das ist herausfordernd. Was ist denn deutsch? Und wie bildet man das Deutschsein in einem einzigen Motiv ab? Die ersten Entwürfe zeigten die DIN-Norm als Gestaltungsraster, eine vergoldete Karl-Marx-Büste, behelmte Preußen in Badehose, argwöhnische Jäger auf Tellern mit Goldrand und einen Kartoffeloffizier. Dass die Wahl schließlich auf den besten Freund des Deutschen, den Dackel, fiel, war die Folge eines langen Prozesses.
Das Blümchendekor als aus der Zeit gefallenes, aber nach wie vor omnipräsentes deutsches Erbe auf Wänden und Polstern lieferte die Tapete für Prinz Asfa-Wossen Asserates Blick in deutsche Wohnzimmer, außerdem den visuellen Rahmen für weitere illustrierende und gliedernde Elemente wie auch die Kapitelüberschriften in der Gazpacho. Bei der Grundschrift fiel die Wahl auf die lesefreundliche Tisa Pro. Die intensive Farbigkeit des Buches bricht die Gestaltung insofern, als dass sie wohl nicht fürs klassisch Deutsche steht – sie sorgt für eine gewisse Kraft, die es als Kontrast zur Motivik hier brauchte.
Band 469
Auf der Longlist der Stiftung Buchkunst: Die Schönsten Bücher 2024
Buchgestaltung: Lizzy Onck und Wim Westerveld, OnckWest, Berlin
Der Collage-Stil des Covers ist sowohl von der Zeit, in der die Geschichte spielt, als auch von der Idee des Dokumentierens inspiriert. Das rote Leinen spielt auf Tollers Rolle in der sozialistischen Revolutionsbewegung an. Die Schrift Krana Fat von Schick-Toikka, die wir für die Überschriften verwendet haben, ist die moderne Interpretation einer beliebten Displayschrift aus der Zeit Ernst Tollers. Für den Lesetext haben wir Marist von Dinamo verwendet, eine gut lesbare Schrift mit einer warmen Anmutung. Die wiedergegebenen Dokumente haben wir bewusst anders gestaltet als den Haupttext, um ihnen den Charakter von Archivmaterial zu geben.
Band 472
Buchgestaltung: Katrin Schacke, Offenbach am Main
Er ist Amerika! Amerikas unendliche Weiten, imposante Landschaften und unberührte Natur finden sich auf dem Cover sowie im Vor- und Nachsatz. Die ungewöhnliche Drehung des Covermotivs um 90 Grad visualisiert Whitmans eigenwilligen Blick auf die Dinge und seine »experimentelle und unartige« Weise zu schreiben. Die Schwarz-Weiß-Porträts im Innenteil demonstrieren Whitmans Selbstbewusstsein und sein Interesse am neuen Medium der Fotografie. Whitmans »tiefe Wahrhaftigkeit«, seine Bescheidenheit und Naturverbundenheit spiegeln sich im haptischen Erleben durch schönes, natürliches Leinen als Einbandmaterial, dessen Blaugrau-Ton mit dem Covermotiv korrespondiert.