Internationaler Tag der Rom:nja und Sinti:zze

Romaday am 8. April: Bücher und Aktionen für mehr Bewusstsein und Solidarität

Am 8. April jeden Jahres wird der Internationale Romaday begangen, um die an den Rom:nja und Sinti:zze begangenen Verbrechen nicht zu vergessen und sich mit der größten Minderheit Europas solidarisch zu zeigen. Anlässlich des Romaday 2024 haben wir eine Auswahl an Büchern und Veranstaltungen zusammengetragen, die Ressentiments und Stereotype bekämpfen, die Geschichte(n) der Rom:nja und Sinti:zze erzählen und ihre kulturellen Errungenschaften zelebrieren.

Der Romaday im Aufbau Haus

Im Aufbau Haus, dem Sitz der Aufbau Verlage am Berliner Moritzplatz, hat auch die Stiftung Kai Dikhas (Romanes: »Ort des Sehens«) ihren Sitz, die aus der gleichnamigen Galerie hervorgegangen ist und die Kunst und Kultur der Rom:nja und Sinti:zze fördert. Letztere wurde 2011 als erste Galerie für die zeitgenössische Kunst der Rom:nja und Sinti:zze von Moritz Pankok (Kurator, Regisseur und Bühnenbildner) und Matthias Koch (Geschäftsführer der Aufbau Haus GmbH sowie der Aufbau Verlage) am Berliner Moritzplatz eröffnet. Seitdem wurden in den Galerieräumen in Berlin, aber auch international etwa 100 Solo- und Gruppenausstellungen umgesetzt, um die Kunst und Kultur der Rom:nja und Sinti:zze einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In den Räumen der Stiftung und des Bildungsforums gegen Antiziganismus im Aufbau Haus können Sie vom 12. April bis zum 1. Juni 2024 eine Ausstellung  mit Gemälden des französischen Roma Künstlers Gabi Jimenez besuchen.

Romaday_2024_Gadjo_Museum_1

Das Gadjo Museum ist eine Installation, die die Form und das Aussehen eines Retro-Museums aus dem frühen 20. Jahrhundert annimmt. In der Installation entwickelt Jiménez die »Gadjologie«, eine imaginäre und parodistische Wissenschaft des Anderen aus der Sicht der Sinti und Roma. Dieser Raum nimmt die Form eines Dioramas an, das der Gadjo-Kultur gewidmet ist, und enthüllt so die Absurdität der Essentialisierung des Anderen, wenn sie auf die Spitze getrieben wird. Der Raum hinterfragt die Rolle ethnologischer Museen als Ort der »Wahrheit«. Es konfrontiert wissenschaftliche Klischees über der Gadjo, indem es Behauptungen mit Sicherheit aufstellt und so die Wahrnehmung der Besucher durch die Mehrheitsgesellschaft stört. Diese Erfahrung lädt die Besucher dazu ein, die Bilder und Stereotypen zu hinterfragen, denen sie tagtäglich in Museen, Medien, wissenschaftlichen Zeitschriften und künstlerischen Darstellungen ausgesetzt sind. Durch einen ironischen Ansatz bietet das Gadjo Museum dem Besucher die nötige Distanz, um sich der Gefahr bewusst zu werden, die mit der Kategorisierung von Kulturen einhergeht und die Voraussetzung für jede Form von Diskriminierung ist. 

Das Gadjo-Museum wurde erstmals im Rahmen der Ausstellung »Barvalo« im MUCEM (Museum of European and Mediterranean Civilizations) präsentiert, einer Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem ERIAC (European Roma Institute for Arts and Culture) 2023 in Marseille konzipiert wurde. »Barvalo« wurde von mehr als 100.000 Besuchern gesehen und mit dem renommierten Historia Prix ausgezeichnet.

  • Eröffnung: 11. April 2024 - 19 Uhr
  • Ausstellung: 12. April - 1. Juni 2024
  • Eintritt: frei
  • Öffnungszeiten: Do - Sa: 16 bis 19 Uhr u.n.V.
  • Ort: Kai Dikhas Stiftung und Kunstraum Dikhas Dur, Prinzenstr. 84.2, 10969 Berlin

Unsere Bücher gegen Antiziganismus

Ich, ein Kind der kleinen Mehrheit
Empfehlung

»Wir sind die Kinder der kleinen Mehrheiten. Unsere Stimmen müssen in der Gesellschaft gehört werden.«

Was für eine Geschichte! Gianni Jovanovic hat mit 43 Jahren mehr erfahren als andere in ihrem ganzen Leben: 1978 in Rüsselsheim geboren, erlebten er und seine Familie immer wieder rassistische Anfeindungen. Mit 14 verheirateten seine Eltern ihn. Mit 17 war er bereits zweifacher Vater, Anfang 20 outete sich Gianni Jovanovic als schwul. Inzwischen ist er seit 18 Jahren mit seinem Ehemann zusammen, zweifacher Großvater und die wohl bekannteste Stimme der Rom:nja und Sinti:zze in Deutschland. Gemeinsam mit der Journalistin Oyindamola Alashe erzählt er diese Geschichte einer Selbstermächtigung und entwirft dabei auch seine Vision einer antirassistischen, diversen Gesellschaft.

Widerstand durch Kunst
Empfehlung

Sinti und Roma und ihr kulturelles Schaffen
Softcover
30,00 €

Eine profunde Einführung in das heute oftmals noch verborgene künstlerische Schaffen und die kulturelle Selbstbehauptung der größten Minderheit Europas

Der vorliegende Band gibt eine Einführung in das heute oftmals noch verborgene künstlerische Schaffen und die kulturelle Selbstbehauptung der Sinti:zze und Rom:nja. Ihre Kunst wird zu einer Form des Widerstands gegen jahrhundertelange Verfolgung. Das Buch vereint Grundlagentexte aus bildender Kunst, Literatur, Musik, Tanz, Film, Theater, kontextualisiert durch die Themen Bilderpolitik, Bürgerrechtsbewegung und den Holocaust an den Sinti:zze und Rom:nja. Es ist aus der mehrfach preisgekrönten digitalen Plattform RomArchive hervorgegangen, zu deren Datenschatz digitale Schnittstellen im Buch verweisen.

Helios Gómez – Die Ästhetik der Revolution
Empfehlung
Softcover
18,00 €

Das Meisterwerk des Ausnahmekünstlers Helios Gómez »Días de ira – Tage des Zorns« neu zugänglich gemacht

Helios Gómez' Werk erzählt aus einer subalternen und aktiven Perspektive den Einbruch des Proletariats in die Geschichte der Bilder. Während der Zeit der Diktatur in Spanien wurde er verfolgt und ging 1927 ins Exil. Er knüpfte Beziehungen zur Dada-Gruppe und den Konstruktivist:innen und studierte moderne Typographie. 1930 wurde sein Meisterwerk »Dias de Ira – Tage des Zorns« veröffentlicht, das Realismus und Abstraktion, radikale Ästhetik und soziales Engagement verbindet. Im Spanischen Bürgerkrieg haben viele spanische Rom:nja auf Seiten der Republik gegen die Faschist:innen unter Franco gekämpft. Unter ihnen war Helios Gómez einer der bekanntesten »Republikaner«.

Die Morgendämmerung der Worte
Empfehlung

Moderner Poesie-Atlas der Roma und Sinti
Originalausgabe
42,00 €

Die Lyrik der Roma und Sinti aus aller Welt, übertragen aus etwa 20 Sprachen

Es ist der Ertrag einer jahrelangen Suche in den Antiquariaten und Bibliotheken Europas und wissenschaftlicher Forschung an den Quellen: Die Poesie der Rom:nja und Sinti:zze, Lovara, Kalderasch, Gitanos, Gypsies, Travellers oder Jenisch:innen. Die Anthologie versammelt Gedichte von rund 100 Autor:innen. Diese erzählen fern von jeder Reisewagen-Folklore, aber auch ohne den Versuch, eine Leidensgeschichte zu schreiben, von Vertreibung, Ankommen und Melancholie, Sehnsucht und Heimweh, von Ablehnung, Angst und Hass, es sind Verse von der Natur, Pferden, den Sternen und natürlich von Liebe.

Everybody's Gypsy
Empfehlung

Popkultur zwischen Ausgrenzung und Respekt
E-Book
12,99 €

Von der »Gypsy-Kultur« und von den falschen Bildern, die es davon gibt

Der sogenannte »Gypsy-Style« ist fest in unserem Alltag, vor allem in der Popkultur, verankert. In Musik, Film, Fernsehen, Literatur und Mode bedient man sich gerne bei alten und falschen Klischees, die den »Gypsys« zugeschrieben werden – sie versprechen Freiheit, Sinnlichkeit und Emotionen. Dabei haben Sinti:zze und Rom:nja seit Jahrhunderten auf ganz unterschiedliche Weise unsere Kultur bereichert. Dotschy Reinhardt widmet sich diesen Phänomenen, hat Musiker:innen, Filmemacher:innen, Autor:innen und andere Kulturschaffende von Berlin bis New York besucht. Sie zeigt wie gelebte Erinnerung zukunftsweisend ist.

Das Kind auf der Liste
Empfehlung

Die Geschichte von Willy Blum und seiner Familie
11,00 €

Die Geschichte Willy Blums und zugleich auch die Geschichte des Verschweigens einer Opfergruppe in der Nachkriegszeit: die der Sinti:zze und Rom:nja.

Willy Blum war sechzehn Jahre alt, als er in Auschwitz Birkenau ermordet wurde. Von ihm blieb nur ein Name auf einer Liste, neben dem durchgestrichenen Namen Jerzy Zweigs, der durch Bruno Apitz` Roman »Nackt unter Wölfen« weltberühmt wurde. Über Willy Blum und seine Familie wusste man bislang nichts. Annette Leo hat sich auf die Suche gemacht und erzählt die Geschichte der Familie Blum und zugleich auch die Geschichte des Verschweigens einer Opfergruppe in der Nachkriegszeit: die der Sinti:zze und Rom:nja.