Bestsellerautorin Oyinkan Braithwaite im Interview über Fluch, Familie und Freiheit
Das Buch erscheint am 13. Oktober.

Der Fluch der Falodun Frauen
Roman
Wie schon bei »Meine Schwester, die Serienmörderin«, ist Ihr Schreibstil auch in diesem Buch wieder witzig-bissig, cool, aber auch berührend, zärtlich und traurig und beinhaltet eine subtile Kritik am Patriarchat. Muss ein Buch von Oyinkan Braithwaite so klingen?
Sie sind sehr freundlich – vielen Dank. Ich hoffe, dass alles, was ich schreibe, spannend ist. Ich möchte den Lesenden eine Form der Realitätsflucht bieten, auch wenn die Themen schwer sind, und ich hoffe, dass meine Figuren zwar Fehler haben, aber dennoch liebenswert sind. Darüber hinaus bin ich noch dabei, meine eigene Stimme als Schriftstellerin zu finden, und ich möchte mich weiterentwickeln. Ich stelle mir gerne vor, dass mein drittes Buch mein erstes und zweites übertreffen wird – und vielleicht können wir, wenn ich mein neuntes Buch geschrieben habe, sehen, was sie gemeinsam haben!

Aberglaube und Juju, der Versuch, sein Leben über den Umweg der Geisterwelt zu beeinflussen, spielen eine wichtige Rolle in Ihrem Buch. Dieses Thema spaltet die Generationen, viele Figuren haben aber auch ein ambivalentes Verhältnis dazu. Wieso war es Ihnen wichtig, diesen Aspekt in der Geschichte zu haben?
Ich habe mich schon immer zum Fantastischen und Surrealen hingezogen gefühlt. Ich liebe Märchen, Fantasy-Romane, Geistergeschichten usw. Und als Nigerianerin hört man fast jeden zweiten Tag etwas über Juju. Wie viel davon ist wahr? Wie viel ist Zufall oder Spekulation? Ich kenne die Antworten nicht, aber diese Ungewissheit hat mich nur noch neugieriger gemacht, mich damit zu beschäftigen – natürlich in der Welt der Fiktion.
Das Element Wasser ist eng mit dem Plot des Familiendramas verwoben. Im wörtlichen Sinn greift es in die Handlung ein, aber auch als Metapher, wenn es darum geht, sich nicht von der Strömung des Schicksals mitreißen zu lassen, sondern schwimmen zu lernen, sich gegen die Gezeiten zu behaupten und seinen eigenen Weg zu erkämpfen. Wie sehr ist Familie ein Haifischbecken und wie wichtig der Schritt, sich von ihr loszureißen?
Familie kann gleichzeitig knifflig, kompliziert und wertvoll sein, ein verworrenes Geflecht aus Bindungen, das Freude und Spannungen mit sich bringt. Und dann gibt es oft die Erwartung von Loyalität, selbst wenn eine Beziehung toxisch wird. Ich glaube, wenn eine Beziehung gerettet werden kann, ist es die Mühe wert, aber niemals auf Kosten des eigenen psychischen oder physischen Wohlbefindens.

Gibt es eine Figur, die Ihnen am meisten am Herzen gelegen hat oder die Sie am einfachsten schreiben konnten, weil sie Ihnen besonders nah war?
Ich hatte angenommen, dass Eniiyi mir am meisten am Herzen liegen würde, doch es war Monife, die mich still und leise für sich gewonnen hat. Die Ironie ist mir nicht entgangen – schließlich sollen sie ja dieselbe Person sein. Letztendlich hat mich wohl Monifes Zielstrebigkeit und Temperament angezogen. Sie tut all die Dinge, die ich wahrscheinlich nie tun würde, und war deshalb für mich am interessantesten.

Auch wenn man das eine Autorin eigentlich nicht fragen soll, interessiert es die Leser:innen sicherlich brennend: Inwiefern haben Sie in Ihrer eigenen Familie und Umfeld Vorbilder für die Falodun Frauen gefunden?
Ich versuche, meine Figuren nicht auf realen Personen basieren zu lassen, damit ich kein schlechtes Gewissen habe, wenn ich sie sterben lassen muss! Dennoch nehmen wir als Menschen ständig unsere Umgebung wahr und verarbeiten sie in unserem Kopf. Vielleicht fällt mir eine Eigenart eines Verwandten auf oder ich erinnere mich an eine Gewohnheit eines Bekannten. Ich lasse all das einfließen, aber es bleibt ein abstrakter Prozess.