21. Apr. 2025

»Diese sagenhafte Natur... Und dann das Dunkle und Böse«

In Norwegen sind Kajsa Corens Kriminalfälle Bestseller, Autorin Trude Teige ist ein Megastar. Nach »Der Junge, der Rache schwor«, erscheinen am 14. Mai 2025 auch die Bände zwei bis sieben der Reihe in neuer, hochwertiger Ausstattung. Wir haben der Erfolgsautorin ein paar Fragen zum Schreiben von Krimis und zu ihrer Sicht auf die norwegische Gesellschaft gestellt.

Alle Bände der Kajsa Coren-Reihe

Trude Teige im Interview

Porträtfoto Trude Teige
Autor:in

Trude Teige, Jahrgang 1960, ist eine bekannte Journalistin, TV-Moderatorin und gehört zu den erfolgreichsten Kriminalautorinnen Norwegens.

Stimmt es, dass Kajsa Corens Fälle auf wahren Begebenheiten in Norwegen beruhen, die in der Regel mit Kinder- und Frauenrechten zu tun haben und über die du im Fernsehen berichtet hast? 

Die Inspiration für all meine Krimis beziehe ich aus wahren Geschichten über Menschen, bestimmte Gruppen, Vorfälle, soziale Fragen und Themen, zu denen ich viele Jahre als Fernsehjournalistin gearbeitet habe. In gewisser Weise bilden meine Bücher die Lage und Entwicklung unserer Gesellschaft ab. Viele der Themen – Altenpflege, #MeToo, sexueller Missbrauch in religiösen Gemeinschaften und die Behandlung von Patient:innen in psychiatrischen Einrichtungen – sind traurigerweise auch in vielen anderen Ländern ein Problem. 

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Die Belange und Rechte von Frauen liegen dir sehr am Herzen. Wie nimmst du den Kampf um Gleichberechtigung wahr und den damit einhergehenden Backlash, der momentan weltweit von rechtsgerichteten Parteien ausgeht?

Ich habe 40 Jahre als Journalistin gearbeitet. Dabei musste ich so oft den Mund halten, wenn meine männlichen Kollegen respektlos über Frauen geredet haben. Außerdem hatten Männer die besseren Karrierechancen. Dank #MeToo hat sich all das zum Besseren gewandt. Meine Töchter müssen sich nicht mehr mit den Hürden meiner Generation herumschlagen. Es ist beängstigend, zu sehen, wie viele Politiker in der Welt immer noch nicht verstanden haben, dass es nicht nur um Frauenrechte geht, sondern um Menschenrechte. Gleichzeitig muss ich sagen, dass wir in Norwegen großes Glück haben, denn in weiten Teilen herrscht hier bereits Gleichheit. Wir haben soziale Rechte, die es Frauen ermöglichen, die Leben zu führen, die sie führen möchten. 

Scandi-Crime ist ein beliebtes Genre, fast schon eine eigene Marke. Wie blickst du auf die Wahrnehmung skandinavischer Literatur? 

Gern wird es auch »Nordic Noir« genannt. Ich glaube, dass die Faszination von dem angesprochenen Kontrast herrührt: das unbeschwerte Leben der Wohlstandsgesellschaft in dieser sagenhaften Natur mit ihren Bergen und Fjorden und der Mitternachtssonne – und dann das Dunkle und Böse, das es in allen Gesellschaften gibt, auch hier. 

Der Junge, der Rache schwor 3

Du bist eine erfahrene und vielseitige Schriftstellerin: journalistisches Schreiben, Spannung und historische Romane, mit allem bist du erfolgreich. Wie beeinflussen sich diese verschiedenen Genres und die unterschiedlichen Ansätze, eine Geschichte zu erzählen, gegenseitig?

Alles, was ich erlebe, als Journalistin oder als Privatperson, kann Teil eines Kriminalromans werden! Ich finde überall Inspiration. Das Verfassen historischer Romane unterscheidet sich stark davon. Es kann Jahre dauern, bis ich mit meiner Recherchearbeit so weit bin, dass ich mit dem Schreibprozess beginnen kann. Hierbei bin ich auf der Suche nach bisher unerzählten Geschichten, meist aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, wobei ich mich auf die Schicksale von Frauen konzentriere. Während ich also darüber nachforsche, schreibe ich zwischendurch meine Kriminalfälle. Die sind in der Gegenwart angesiedelt, was die Recherche deutlich einfacher macht. 

Der Junge, der Rache schwor 4

Welche Autor:innen haben dich am meisten inspiriert? Hat sich das über die Jahre hinweg verändert, oder gibt es auch feste Größen, die dich seit deiner Kindheit begleiten? 

Ich habe mit Krimis für Kinder angefangen und auch danach immer viele Krimis gelesen. Tatsächlich habe ich lange versucht, keine Spannungsromane zu schreiben, weil es mir so schwierig vorkam. Viele meiner Kolleg:innen inspirieren mich, aber für mein literarisches Erwachen hat »Kristin Lavrandsdatter« der norwegischen Autorin und Nobelpreisträgerin Sigrid Undset gesorgt. 

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