Ein einzigartiges Kompendium der universellen Mechanismen von Macht und Herrschaft
Liebe Leserinnen und Leser,
als ich zwanzig Jahre alt war, hat mir mein Onkel ein Buch geschenkt, von dem ich noch nie gehört hatte: Stojan Michailowski – Buch für das bulgarische Volk. Ich war damals ein skeptischer Jura-Student in München und mein Onkel im kommunistischen Bulgarien über zehn Jahre als politischer Gefangener in Haft. Ein anderer Onkel, nämlich der Wesir in Istanbul, ruft in diesem erstaunlichen Werk seinen Neffen zu sich, um ihn auf die Staatsgeschäfte vorzubereiten. Ohne um den heißen Brei herumzureden, unverblümt und brutal – manche würden sagen zynisch – dringt er zum Kern von Macht und Herrschaft vor.

Sogleich war ich völlig fasziniert von dieser seltenen Mischung aus Satire und politischer Klarheit. Ich kannte Bücher, die Ideale und Theorien entwickeln, aber kein einziges, das so intensiv die Realitäten von Autorität und Hierarchie, von Manipulation und Korruption ins Auge fasst.

Seitdem begleitet mich dieses Buch. Ich habe es immer wieder gelesen, stets mit Gewinn, und wann immer ich auf andere faszinierende Autoren zum Thema stieß – wie zum Beispiel Hannah Arendt –, dachte ich: Das erinnert mich an Stojan Michailowski.
Daraus entsprang die Idee, dieses Epos in einer Nacherzählung dem deutschsprachigen Publikum vorzustellen und es in einen größeren Diskurs münden zu lassen, indem ich viele andere Stimmen zu Wort kommen lasse, die sich mit Macht und Herrschaft beschäftigt haben.
So entsteht über die Kontinente und Epochen hinweg ein Gespräch mit jenen, die sich seit dreitausend Jahren über diese Zusammenhänge Gedanken machen, eine Art Wunderkammer des ehrlichen, ungeschönten Nachdenkens über die Gefahren von Herrschaft für die Gesellschaft.
Das erscheint mir wichtig, vor allem dieser Tage, da das Autoritäre wieder attraktiv erscheint, so als hätten wir damit in der Menschheitsgeschichte je gute Erfahrungen gemacht.
Eine anregende Lektüre wünscht