Amerika im Rabbit Hole – und was auf dem Spiel steht
Das Buch erscheint am 11. November.
Goodbye, Amerika?
Die USA und wir – eine Neuvermessung
Die Verlorenen gibt es immer. Die komplett abgedriftet sind in eine Welt, die mit der eigentlichen nichts mehr zu tun hat. Die an wildeste Verschwörungserzählungen glauben, an Geheimbünde zwischen Washington, Rom und London, die alles steuern – etwas, was mir nicht nur ein Trump-Wähler ernsthaft dargelegt hat. Man trifft sie immer mal wieder im Wahlkampf 2024, 2020 und auch 2016 schon. Aber sie machen nicht die Mehrheit der hardcore Trump-Wählerschaft aus, damit lässt sich genauso wenig alles erklären wie mit der These, dass es alles mehr oder weniger Trottel seien. Doch was die sehr konsequenten und überzeugten Trump-Anhänger gemeinsam haben, ist, dass sie sich dafür entschieden haben, ausschließlich die Informationen zu konsumieren und zu glauben, die Trumps und damit ihrem Weltbild entsprechen.
Auch auf der linken Seite folgt die Informationsauswahl oft genug den eigenen Überzeugungen. Doch sind es vor allem im rechtspopulistischen Spektrum Informationen, die mit Fakten oft nichts mehr zu tun haben – und gefährlich werden können, bedenkt man den Sturm auf das Kapitol.
Auch in den Wahlkämpfen 2016 und 2020 hatte das Team Trump versucht, mithilfe von Desinformation zum Sieg zu kommen, es waren keine durch künstliche Intelligenz fast perfekten Fälschungen, die das Internet fluteten, die Fake-News-Zyklen bewegten sich noch minimal langsamer, es löste nicht eine Absurdität die andere direkt ab.
Aus den »alternativen Fakten«, einem Begriff, den Trumps Beraterin Kellyanne Conway in dessen erster Amtszeit bemüht und berühmt gemacht hat, ist eine komplette alternative Realität geworden.
Die Lügen setzt Trump als Präsident unvermindert fort, auch außenpolitisch. Den russischen Angriffskrieg in der Ukraine habe Russland nicht zu verantworten, China kontrolliere den Panamakanal und an einem tragischen Flugzeugabsturz über Washington, D. C. seien die Diversitätsprogramme von Biden und den Demokraten schuld. Nichts davon stimmt. Aber was Trump in der Kulisse des mit immer mehr Gemälden, Flaggen und vor allem Gold, wohin man auch blickt, ausstaffierten Oval Office sagt, verbreiten das Internet mit seinen von Algorithmen gesteuerten Echokammern und rechte Medien unwidersprochen. »Down the Rabbit Hole«.
Selbst wenn Trumps Lügen regelmäßig entlarvt und mit Fakten widerlegt werden, rückt der Präsident nicht davon ab. Seine Strategie ist klar: Niemals entschuldigen, niemals zurückweichen, immer auf Angriff gehen.
Das zeigt sich innenpolitisch schon früh in seiner Amtszeit in vielfältigen Bereichen: in der Abschaffung von Diversitätsprogrammen, im Ignorieren von Gerichtsurteilen, in Ermittlungen gegen Joe Bidens Amtsfähigkeit, in der Entlassung der Chefstatistikerin des Arbeitsministeriums, weil Trump die Arbeitslosenzahlen nicht passen und deswegen nur manipuliert sein können (ein Diktatoren-Move), im radikalen und juristisch fragwürdigen Vorgehen gegen linken Protest.
Aber es zeigt sich auch in seiner Außenpolitik. Nicht nur sein gefallener Freund Elon Musk versuchte sich in einer Wahleinmischung in Deutschland. Eine Spiegelwelt der US‑Regierung in Perfektion, die ihre freie Meinungsäußerung durch Verbote und Einschränkungen anders Denkender durchsetzen will. Die sich Kritik oder gar Einmischung in innerpolitische Angelegenheiten verbittet, sich aber nicht scheut, ihrerseits genau das zu tun.
Wie kann man mit diesen alternativen Welten umgehen?