Preview

Neues und Erlesenes unter dem Kometenschweif der Anderen Bibliothek

Auch im neuen Jahr können Sie wieder Erlesenes unter dem Kometenschweif der Anderen Bibliothek erwarten.

In elegischer Sprache tastet der Ich-Erzähler in Iwan Schmeljows Hauptwerk »Der Toten Sonne« die Verrohung der Menschen nach dem mörderischen Wüten der Bolschewiki im Bürgerkrieg auf der Krim zu Beginn der Zwanziger Jahre ab. Die poetische Kargheit entfaltet einen Sog, dem wir uns heute – vielmehr gerade heute – nicht entziehen können. Thomas Mann empfahl die Lektüre bereits zur Ersterscheinung vor 100 Jahren: »Lesen Sie dieses Buch, wenn Sie Mut dazu haben.«

Schon zu seiner Zeit ist Wolf von Niebelschütz (1913-1960) aus der Zeit gefallen und findet im leichten und verspielten französischen, im schwellenden Barock seine literarische Heimat. In den bisher weitgehend unveröffentlichten Impressionen in »Ein Geisterfrühstück« spinnt er vergnügliche Divertimenti, erkundet seine europäischen Traditionen, taucht ein in die »Welt von gestern« und feiert die »Wiederentdeckung der Heiterkeit«. Der Band erscheint mit einem Nachwort von Martin Mosebach.

Wiederentdecken gilt auch für Matthew Phipps Shiels bekannten und verfilmten post-apokalyptischen Roman »Die purpurne Wolke«. Die gesamte Menschheit ist nach einer Vulkanexplosion im Pazifik einer purpurnen Giftwolke zum Opfer gefallen. Adam Jefferson ist der einzige Überlebende und unternimmt eine Reise durch die unbewohnte Welt. Aber ihm wird begegnen, was er vor allem gefürchtet hat, ein weiterer Mensch ist auf der Erde verblieben – eine Frau, eine Eva. Der Band erscheint mit einem Nachwort von Dietmar Dath.

»Hinter dem Wendekreis« des polnischen Schriftstellers Andrzej Bobkowski versammelt in Erzählungen und Reiseberichten insbesondere aus den 1940er Jahren ein langsames Abschiednehmen eines Emigranten von Europa. Die Texte zeichnet eine Unmittelbarkeit des Erlebens aus, eine hohe Aufmerksamkeit für Alltagsszenen, in denen sich ihm der Geisteszustand des »alten« Europa zeigt, eine ungezwungene Gelehrsamkeit ohne Intellektuellenanspruch. Bei Andrzej Bobkowski wird der Auswanderer zum Reisenden, der der Verheißung hinterherfährt.

Und Gabriela Adameşteanus Jahrhunderte umspannende Letitia-Trilogie findet im neuen Jahr mit »Der Trevi-Brunnen« ihren krönenden Abschluss: Letitia Branea gleitet in ihren Selbstbefragungen von einem Land und einem Leben ins andere, aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Mit weiblicher Lebensklugheit und Klarsicht, mit kühlem Pathos folgt Gabriela Adameşteanus Prosa ihren großen Themen: Liebe und Verrat, Exil, Heimat, Fremde und fremde Heimat; Schuld und Versöhnung – und Alter.