Nachruf

Wir trauern um unsere Autorin Barbara Frischmuth

Wir trauern um eine außerordentlich sprachmächtige, politisch wache, wandlungsfähige Autorin, die dem Aufbau Verlag über Jahrzehnte eng verbunden war. 

Barbara Frischmuth wurde 1941 im idyllischen Altaussee (Steiermark) geboren. Seit frühester Jugend vom Orient fasziniert, studierte sie in Graz, Erzurum, Debrecen und Wien Türkisch, Ungarisch und Orientalistik. Seit 1961 war sie Mitglied im Forum Stadtpark. 

Nach ihrem von der Kritik hochgelobten Debüt »Die Klosterschule« wurde sie vor allem mit der zauberhaften »Sternwieser-Trilogie« bekannt. Ihr umfangreiches Werk umfasst Romane, Erzählungen, Lyrik, Dramen, Hörspiele, Essays und Kinderbücher ebenso wie Übersetzungen und Publizistik. Wie keine andere deutschsprachige Autorin brachte sie den Lesern die islamische Welt auf epische, poetische und kritische Weise näher. In ihren vielschichtigen Romanen wie »Das Verschwinden des Schattens in der Sonne«, »Die Schrift des Freundes«, »Vergiss Ägypten« oder »Woher wir kommen« stößt Okzident auf Orient, werden Fragen nach dem Eigenen und dem Fremden gestellt und wird der ›andere‹ Blick gesucht, der Verschiedenartigkeit akzeptiert, ohne Reibeflächen zu verschleiern, wird für Toleranz und Vorurteilslosigkeit plädiert. Oft steht eine weibliche Stimme im Zentrum, werden Schritte und Rückschritte der Emanzipation beschrieben. Für all das fand sie eine hochdifferenzierte Sprache, die mit Witz, Skepsis und Klugheit unabhängiges Denken widerspiegelt. 

Durch die Begeisterung für ihren Garten wurde ihr Blick zunehmend auf die Vielfalt des Lebens und seine Bedrohung gelenkt: Quelle und Anlass für literarische Gartenbücher, jedes ein unterhaltsames, kenntnisreiches Plädoyer für Respekt und Achtsamkeit gegenüber der Natur. Barbara Frischmuths Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Anton-Wildgans-Preis, dem Literaturpreis des Landes Steiermark, dem Literaturpreis der Stadt Wien, dem Franz-Nabl-Literaturpreis, dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln sowie dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. 

Seit Ende der neunziger Jahre lebte sie wieder in Altaussee, wo sie am 30. März 2025 starb.