14. Jan. 2022

Linda Winterberg über den Auftakt ihrer neuen großen Saga

Nach ihrer erfolgreichen Hebammen-Saga nun der Auftakt der neuen großen Saga von Bestsellerautorin Linda Winterberg: »Der Winzerhof – Das Prickeln einer neuen Zeit«. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen bei der Recherche, über ihre Inspiration beim Schreiben und warum besonders eine Figur ihr Kopfzerbrechen bereitet hat.

Liebe Linda Winterberg, in Ihrem Roman »Der Winzerhof – Das Prickeln einer neuen Zeit« geht es um eine Sektkellerei, die im Krieg zerstört wurde, und um die drei Schwestern Henni, Lisbeth und Bille, die alles daransetzen, das Familienunternehmen wiederaufzubauen. Nehmen Sie uns kurz mit in die Geschichte: Wann spielt sie, und in welcher Region befinden wir uns?

Der Roman beginnt im September 1945, und wir befinden uns in Wiesbaden und im benachbarten Rheingau.

 

Welchen Bezug haben Sie zu Wiesbaden und zum Rheingau, und warum haben Sie Ihre Geschichte genau dort angesiedelt?

Die Stadt Wiesbaden liegt direkt vor meiner Haustür, und dort ist auch die Sektkellerei Herzberg ansässig. Ich mag es gerne, wenn meine Romane in einer Region spielen, die ich gut kenne.  Das Kurhaus und das Staatstheater in Wiesbaden beeindrucken, ebenso wie die vielen wunderschönen Gründerzeithäuser der Stadt. Das direkt am Rheinufer gelegene Biebricher Schloss erinnert an die Zeiten des Herzogtums Nassau, und wir gehen gern in dem angrenzenden Schlosspark spazieren.  Hinter Wiesbaden beginnt dann der Rheingau, und der ist faszinierend schön. Nicht umsonst ist das Mittelrheintal Weltkulturerbe. Ein Tag in den Weinbergen ist wie Urlaub, erfüllt von Licht, Wärme und Sonne. Hier gibt es unzählige Weingüter und Sektkellereien, viele davon kennt man in ganz Deutschland. Henkell und Matthäus Müller, um nur zwei davon zu nennen. Und natürlich stecken hinter den vielen Sektkellereien und Weingütern auch spannende Familiengeschichten. Da liegt es nahe, eine Saga in dieser prachtvollen Region anzusiedeln. Ich habe durchs Schreiben auch neue Einblicke in die Historie des Rheingaus und Wiesbadens erhalten. Die Reise in die Vergangenheit dieser Region hat mir sehr großen Spaß gemacht.

 

Sie erzählen von den drei Schwestern Henni, Lisbeth und Bille, die auf den ersten Blick wenig Gemeinsamkeiten haben. Was verbindet die drei dennoch miteinander, was ist das Besondere an ihrer Beziehung?

Ja, die drei sind sehr verschieden. Ich finde das aber auch gut so. Ich glaube nicht, dass Schwestern sich immer ähneln müssen. Jede von ihnen erhält vom Leben eine gewisse Rolle zugeteilt: Henni als die Älteste muss schnell Verantwortung übernehmen. Bille ist das Nesthäkchen, und aus dieser Rolle bricht sie aus, sie will ihren eigenen Weg finden. Lisbeth ist die mittlere Tochter und rebelliert, weil sie sich gegenüber den anderen zurückgesetzt fühlt. Sie ist neidisch auf Henni, die als Älteste anders wahrgenommen wird. Sie wird aber auch nicht so verhätschelt wie das Nesthäkchen Bille. Sie steht zwischen den Stühlen und sucht nach Aufmerksamkeit. Das macht es mit ihr nicht immer leicht. Aber am Ende des Tages sind sie Schwestern, und das ist es, was zählt.  Sie sind, trotz aller Gegensätze und Schwierigkeiten, füreinander da. Es gibt da ja diesen Spruch, den viele bestimmt kennen: „Blut ist dicker als Wasser“. Obwohl ich Hennis Geduld mit Lisbeth in der einen oder anderen Situation durchaus bewundert habe, das muss ich zugeben. (Zwinker!)

 

In Ihrem Roman geht es um eine Sektkellerei in den Jahren unmittelbar nach dem Krieg. Wie gehen Sie bei Ihrer Recherche vor, auf welches Material greifen Sie zurück?

Ich recherchiere gerne vor Ort. Im schönen Rheingau ist das natürlich eine großartige Beschäftigung. Dieses Mal hat mir Corona die Recherche etwas erschwert, aber 2021 war dann doch noch ein Besuch in einer Wiesbadener Sektkellerei möglich, worüber ich mich sehr gefreut habe. Ansonsten lese ich viele Bücher, oftmals aus der Zeit, in der meine Geschichte spielt. Für diesen Roman war es beispielsweise ein Sachbuch, das vom Stadtarchiv Wiesbaden herausgegeben wurde und den demokratischen Neubeginn Wiesbadens 1945 thematisiert. Aber ich hatte natürlich auch noch weitere Literatur, die mir sehr gut weitergeholfen hat. Hinzu kommen Reiseführer aus der jeweiligen Zeit, mir liegen alte Merian-Hefte vor, die wunderbare Beschreibungen und historische Fotografien Wiesbadens und des Rheingaus enthalten. Alte Zeitungsartikel sind auch hilfreich. Ich liebe Chronikbücher, denn sie beinhalten viele Geschehnisse aus den jeweiligen Jahren, und natürlich findet man auch im Internet die eine oder andere hilfreiche Information. Hier hat mich gerade die Sektherstellung interessiert, dazu gab es großartige Anleitungen, oftmals direkt auf den Internetseiten von Sektkellereien. Das hat mir sehr weitergeholfen.

 

Was inspiriert Sie beim Schreiben, wie finden Sie Ihre Geschichten?

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn jede Geschichte finde ich anders. Oftmals finden sich neue Ideen während des Schreibens und der Recherche.  Manches Mal ist es ein Ort, der mich fasziniert. Es kam sogar schon mal eine Idee mit der Post. Stoffe sind überall, aber nicht aus allen lassen sich Bücher machen, denn manchmal ist die Idee zu klein, und ich verwerfe sie wieder.  Beim Schreiben höre ich gerne Musik, und ich habe natürlich einen festen Ablauf im Kopf. Nur machen ab einem bestimmten Zeitpunkt meine Figuren, was sie wollen.  Aber das ist auch gut so, denn so werden sie richtig lebendig. Sie bringen mich zum Lachen, aber auch zum Weinen, manchmal bin ich auch richtig wütend auf sie und würde sie am liebsten schütteln (bei Lisbeth kam das mehrfach vor). Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist es nicht mehr meine ausgedachte Geschichte, sondern ich fühle mich eher wie eine Beobachterin, der neben den Figuren steht und ihr Leben dokumentiert.

Buchtrailer »Der Winzerhof – Das Prickeln einer neuen Zeit«

Auch im Gespräch