10. Apr. 2024

»Ich lebe immer für eine Zeit lang mit meinen Figuren. Sie sind wie Freunde, Wegbegleiter«

Bestsellerautorin Eva-Maria Bast erzählt auf drei Zeitebenen eine bewegende Geschichte rund um eines der bekanntesten Bauwerke der Welt – Notre Dame in Paris. Im Gespräch berichtet die Autorin nicht nur über die Figuren ihres Romans, sondern auch darüber, was sie selbst mit der Kathedrale verbindet.

Liebe Eva, Notre Dame spielt in deinem neuen Roman eine zentrale Rolle. Der Brand der Kathedrale vor fünf Jahren hat weltweite Anteilnahme hervorgerufen. Was verbindest du persönlich mit Notre Dame? Was hat dich dazu bewegt, dieses Buch zu schreiben?

Porträtfoto Eva-Maria Bast
Autor:in

Eva-Maria Bast ist Journalistin und Autorin mehrerer Sachbücher, Krimis und zeitgeschichtlicher Romane. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet.

Ich habe diese Kathedrale schon immer verehrt. Als ich sie in jungen Jahren das erste Mal sah, hat sie etwas tief in meinem Innern berührt. Ich empfand Ehrfurcht, Demut, ich war sehr bewegt und staunte, dass Menschen, noch dazu ohne all die modernen Errungenschaften, die uns heute zur Verfügung stehen, imstande waren, etwas derart Großartiges zu schaffen. In gewisser Weise gab mir das auch sehr viel Mut und Tatkraft und Vertrauen in mein eigenes Ziel: Schriftstellerin zu werden.

 

Auf drei Zeitebenen führt der Roman aus der Gegenwart in die Zeit der französischen Revolution und in das Jahr 1830, als Victor Hugos großer Roman »Der Glöckner von Notre Dame« entstand. Wie sind diese Ebenen miteinander verbunden, und was fasziniert dich besonders an dieser Zeit?

Die Frauen von Notre Dame
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Taschenbuch
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Verwoben sind die Zeitebenen vor allem natürlich durch Notre Dame, aber auch durch einen fiktiven Charakter. Meine Hauptfiguren auf der Zeitebene der französischen Revolution sind Camille und Lucile Desmoulins. Beide gab es wirklich. Camille war der Mann, der zum Sturm auf die Bastille rief, Lucile seine Frau. Ich folge den Ereignissen im Leben der beiden während der Revolution bis ins Detail, am Ende des Romans weiche ich aber von den tatsächlichen Ereignissen ab. Lucile überlebt und bringt eine Tochter zur Welt. Lucile und diese fiktive Tochter, Marie, verbinden die beiden Zeitebenen miteinander: Sie sind gute Freundinnen Victor Hugos.

Die Französische Revolution interessiert mich wegen ihrer Dynamik: Die Revolutionäre kämpften für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und einige von ihnen, allen voran Robespierre, verloren das Ziel aus den Augen und missbrauchten ihre Macht. So etwas erleben wir aktuell wieder. Es zeigt, dass Geschichte sich wiederholt.

 

Du bist bei für die Recherche tief in die Revolutionszeit eingetaucht. Hast du etwas entdeckt, was dich besonders überrascht hat?

Nein, es gab nicht die große eine Sache, die mich besonders überrascht hat. Im Grunde ist das Schreiben ständig eine einzige große Überraschung, auch dann, wenn ich viel Vorwissen mitbringe. Es gibt so unendlich viel zu entdecken und das ist auch etwas, was ich an meinem Beruf so liebe: Dass ich immer wieder neues erfahren, neues begreifen, entdecken und erspüren kann. Ich lebe immer für eine Zeit lang mit meinen Figuren. Sie sind wie Freunde, Wegbegleiter, und sie verschwinden auch niemals ganz aus meinem Leben, selbst, wenn das Buch beendet ist.

 

Es gibt im Roman drei starke Frauen: die Restauratorin Josie, Lucile in der Zeit der französischen Revolution und Marie, ihre Tochter. Was zeichnet diese Frauen aus, und sind sie Vorbilder für uns heute?

Besonders an Lucile finde ich, dass sie für ihre Liebe zu einem Mann, der eigentlich nicht standesgemäß war, kämpfte. Im Roman habe ich Lucile etwas stärker als Kämpferin in der Revolution gezeichnet, als das wohl tatsächlich der Fall war oder als bekannt ist. Ich habe sie Olympe de Gouges kennenlernen lassen, die darauf aufmerksam machte, dass bei allen Errungenschaften der Französischen Revolution die Rechte der Frauen vergessen werden. Ihre Tochter Marie ist eine ungewöhnliche Frau, die unbeirrt ihren Weg geht. Sie will Bildhauerin werden zu einer Zeit, in der das vollkommen unüblich ist. Und sie erreicht ihr Ziel.

Josie schließlich ist eine Frau unserer Zeit – und in ihr steckt viel von mir, besonders ihre Zielstrebigkeit.  Josie weiß: Wenn man für eine Sache brennt, dann kann man gar nicht anders, als sich ihr mit Leib und Seele hinzugeben. Josie tut das als Bildhauerin. Und ich tue es als Schriftstellerin.

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